In den letzten 3 Jahren hat die Schweiz ein bemerkenswertes Bevölkerungswachstum verzeichnet (Abbildung 1). Hauptfaktor war – wie schon seit Jahren – die Zuwanderung, die zuletzt ein ausserordentliches Ausmass erreichte. Zwei Faktoren erklären diese Beschleunigung: Erstens waren hauptsächlich der Beschäftigungsboom von 2022 bis 2024 und der akute Fachkräftemangel verantwortlich für durchschnittlich rund 75'000 zusätzliche Arbeitskräfte pro Jahr. Zweitens suchten fast 63'000 Geflüchtete aus der Ukraine unter dem Schutzstatus S in der Schweiz Zuflucht.
Die Einwanderung kann in der Schweiz eine zentrale Rolle einnehmen: Sie stabilisiert das Erwerbspersonenpotenzial, verlangsamt die demografische Alterung und entlastet die Altersvorsorge – alles essenziell für die nachhaltige Leistungsfähigkeit des Landes.
Zuwanderung ist heute der wichtigste Motor für das Arbeitskräfteangebot. Ohne sie würde die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter bereits in naher Zukunft sinken – trotz moderat wachsender Gesamtbevölkerung. Gemäss BFS waren 2024 rund 5.3 Millionen Personen in der Schweiz erwerbstätig; ungefähr zwei von drei neu geschaffenen Stellen ging an Personen aus dem Ausland. Besonders ausgeprägt ist die Bedeutung in Schlüsselberufen: In der Medizin besitzen 44 % der anerkannten Ärztinnen und Ärzte ein ausländisches Diplom. Migration bleibt aus dieser Perspektive für die Wirtschaft unverzichtbar.
Die ausländische Wohnbevölkerung ist im Median acht Jahre jünger als die einheimische (38 statt 45 Jahre). Nur 8 % der Menschen ohne Schweizer Pass sind älter als 65, bei Schweizerinnen und Schweizern sind es 22 %. Mit dem bevorstehenden Renteneintritt der Babyboomer wird sich dieser Abstand weiter vergrössern. Hinzu kommt die höhere Geburtenrate ausländischer Frauen – 1.6 gegenüber 1.2 Kindern pro Frau. Migration wirkt damit als wichtiger Puffer gegen den demografischen Alterungsdruck.
Zugewanderte tragen überproportional zur Finanzierung der Altersvorsorge bei: 2022 entrichteten Personen ohne Schweizer Pass 34 % der AHV-Beiträge, bezogen jedoch nur 18 % der Leistungen. Dieser positive Transfersaldo entlastet das umlagefinanzierte System und stabilisiert die AHV.
Die positiven Effekte der Migration gehen mit Herausforderungen einher. Ein hoher Zuwanderungssaldo verschärft den Wohnungsmangel – die Nachfrage nach Wohnraum übertrifft das Angebot deutlich. Gleichzeitig wächst das Verkehrsaufkommen, was die Strassen und den öffentlichen Verkehr an ihre Kapazitätsgrenzen bringt. In einzelnen Niedriglohnsektoren kommt es punktuell zu Verdrängungseffekten einheimischer Arbeitskräfte. Zudem fallen Integrationskosten an – etwa für Sprachkurse und Sozialhilfe –, die vor allem Gemeinden und Kantone mit vielen Erstzuzügen tragen.
Migration ist heute ein wichtiger Stabilisator der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Schweiz. Sie sichert das Arbeitskräftepotenzial, verlangsamt die Alterung und stärkt die Finanzierungsbasis der Sozialversicherungen. Gleichzeitig bringt sie Zielkonflikte mit sich – insbesondere bei Wohnraum, Infrastruktur und Integration –, die ein aktives politisches Management verlangen. Entscheidend wird sein, die demografische Dividende der Migration zu nutzen, ohne die gesellschaftliche Akzeptanz zu gefährden.
Heute stammen knapp drei Viertel der Zuwandernden aus Europa; allein Deutschland, Frankreich und Italien vereinen fast 40 % des Nettozuzugs. Weil in ganz Europa die Geburtenraten sinken und die Bevölkerung altert, wird das Reservoir an Fachkräften dort kleiner. Mittelfristig könnte sich die Zuwanderung deshalb stärker auf aussereuropäische Herkunftsländer verlagern.
Die Nachfrage nach Wohnraum wird stark durch die Migration geprägt. Angesichts der Bedeutung der Zuwanderung untersuchen wir einige Implikationen für den Immobilienmarkt:
2024 verzeichnete der Kanton Genf mit +1.9 % den landesweit höchsten internationalen Wanderungssaldo im Verhältnis zur Bevölkerungszahl (Abbildung 3). Angetrieben wird dieser Zuzug von einer robusten Wirtschaft, einem attraktiven Arbeitsmarkt und einer hohen Lebensqualität. Erstaunlich ist dies insofern, als Genf gleichzeitig unter akutem Wohnungsmangel (Leerwohnungsziffer: 0.46 %) und hohen Angebotsmieten leidet. Die internationalen Organisationen zogen bislang viele gutverdienende Expatriates an; nach den jüngsten US-Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit könnte sich diese Dynamik jedoch abschwächen. (Mehr Information dazu finden Sie in folgendem Blogartikel: Das internationale Genf: Herausforderungen und Chancen für einen Standort im Wandel)
Neben Genf lagen auch die Kantone Wallis, Basel-Stadt, Schaffhausen, Neuenburg und Zürich über dem nationalen Durchschnitt. Auffallend ist jedoch, dass die grossen Zentren Genf, Basel-Stadt und Zürich gleichzeitig negative Binnenwanderungssaldi aufweisen: Sie ziehen internationale Erstzuzüger an, verbuchen aber mehr Wegzüger in andere Kantone als Zuzüger aus der restlichen Schweiz. Umgekehrt profitierten Wallis und Schaffhausen doppelt, da sie sowohl einen positiven Migrations- als auch einen positiven Binnenwanderungssaldo erzielen.
Freiburg weist trotz unterdurchschnittlichen internationalen Zuzugs die zweithöchste interkantonale Zuwanderungsquote (nach Schaffhausen, Abbildung 4) auf. Der Kanton zieht nicht so viele Migrantinnen und Migranten aus dem Ausland an, dafür umso mehr bereits in der Schweiz lebende Personen.
Im Jahr 2023 waren 44.1 % der Haushalte, die ausschliesslich aus Personen mit Schweizer Staatsangehörigkeit bestanden, Eigentümer ihrer Wohnung (Abbildung 5). In gemischten Haushalten lag die Quote bei 27.5 %, in rein ausländischen Haushalten bei lediglich 12.3 %. Auch nach mehreren Jahren in der Schweiz bleiben Zugewanderte somit grossmehrheitlich Mieterinnen und Mieter. Gründe sind das geringere Durchschnittsalter, oft temporär geplante Aufenthalte sowie begrenzte finanzielle Mittel – insbesondere nicht ausreichendes Erbkapital. Zwischen 2013 und 2023 sank die Eigentumsquote bei Schweizer Haushalten um 0.5 Prozentpunkte, bei ausländischen Haushalten sogar um 1.8 Prozentpunkte.
Ausländische Haushalte beanspruchen im Durchschnitt weniger Wohnraum. Schweizer Haushalte verfügen über 1.9 Zimmer pro Kopf, ausländische lediglich über 1.4. Dementsprechend liegt auch die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in ausländischen Haushalten deutlich tiefer (Abbildung 6).
BFS-Daten belegen eine höhere Umzugsneigung von Ausländerinnen und Ausländern. 2023 war eine in der Schweiz lebende Person mit französischer Staatsangehörigkeit mehr als doppelt so umzugsfreudig wie eine Schweizerin oder ein Schweizer. Zugewanderte verlassen nicht nur häufiger das Land, sondern ziehen auch innerhalb der Schweiz öfter um – sei es in derselben Gemeinde, im gleichen Kanton oder in einen anderen Kanton.
Staatsangehörige der Nachbarländer – die einen bedeutenden Teil der Zuwanderung ausmachen – ziehen im Durchschnitt weiter als Schweizerinnen und Schweizer. Gründe sind wohl attraktive Jobchancen und günstigerer Wohnraum ausserhalb der Zentren. Die Beherrschung einer Landessprache erleichtert ihnen zudem Stellensuche und Mobilität. Menschen aus Spanien, Portugal, Osteuropa oder der Türkei bevorzugen hingegen kürzere Distanzen, vermutlich um in der Nähe ihres sozialen Netzwerks zu bleiben.
Laut der diesjährigen repräsentativen Immo-Barometer-Befragung bei gut 1000 Haushalten in der Schweiz möchten ausländische Haushalte mehrheitlich in urbane Räume ziehen, wenn sie Umzugsabsichten haben. Nur rund ein Drittel erwägt einen Umzug aufs Land; bei Schweizerinnen und Schweizern sind es 40 %. Während beide Gruppen Grossstädte ähnlich oft wählen, entscheiden sich Zugewanderte häufiger für periurbane Agglomerationen sowie Klein- und Mittelstädte, wo sich niedrigere Preise mit guter Erreichbarkeit – insbesondere für den Arbeitsweg – verbinden lassen.
Bei der Wohnungssuche rangieren die Kriterien Preis oder Miete, Wohnfläche, Komfort und Helligkeit bei über 90 % der Befragten unabhängig von der Nationalität an erster Stelle. Schweizerinnen und Schweizer legen daneben mehr Wert auf Nachhaltigkeit – ökologische Materialien, erneuerbare Energie, Ökostrom – sowie die Nähe zum sozialen Umfeld und ein vielfältiges Kulturangebot. Zugewanderte priorisieren dagegen die Nähe zum Arbeitsplatz, eine gute Auto- und ÖV-Anbindung sowie Schulen im Quartier.
Diese Unterschiede spiegeln die Demografie: Zugewanderte sind jünger, häufiger im Erwerbsalter und haben öfter Kinder, weshalb praktische und familienbezogene Kriterien dominieren. Schweizer Haushalte sind im Durchschnitt älter und wohlhabender und achten stärker auf Wohnqualität und Umfeld. Auch bei Familien mit Kindern bleiben diese Tendenzen sichtbar.
Migration belebt den Mietwohnungsmarkt unmittelbar. Zugewanderte sind jünger, kinderreicher, wohnen mehrheitlich zur Miete, beanspruchen weniger Fläche und ziehen häufiger um – bevorzugt in Klein- und Mittelstädte sowie in deren Agglomerationen. Häufigere und weitere Umzüge sowie meist geringere Platzansprüche ermöglichen es ihnen, sich vergleichsweise rasch an veränderte Marktbedingungen anzupassen. Die Schweizer Bevölkerung, die im Durchschnitt älter ist und häufiger Wohneigentum besitzt oder länger in ihrer Mietwohnung lebt, reagiert dagegen träger, wohl auch wegen der stärkeren lokalen Verankerung.
Obwohl Zugewanderte vorwiegend mieten, erwerben gut verdienende Haushalte mit hohen Einkommen nach einigen Jahren vermehrt Wohneigentum oder auch Ferienwohnungen. Der steigende Druck auf den Mietmarkt animiert zudem einen Teil der in- und ausländischen Bevölkerung zum Erwerb von Wohneigentum und kurbelt so die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern indirekt an.
Steigt die Bevölkerung, wächst die Nachfrage in beiden Segmenten – mit entsprechendem Aufwärtsdruck auf Preise und Mieten. Laut einer Analyse von Wüest Partner vom Januar 2025 (Immo-Monitoring, Wohnungsmarkt) verteuert ein Bevölkerungsplus von 1 % Einfamilienhäuser um 0.88 % und Stockwerkeigentum um 1.37 %. Helfer, Grossman und Osikominu (2023) messen, dass ein Anstieg des Anteils der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung um 1 % zu einem Anstieg der Preise für Einfamilienhäuser um 0.9 % bis 1.5 % und für Eigentumswohnungen (PPE) um 1 % bis 3.6 % führt.
Für Mieten ermitteln Dubois und Weinert (2024), dass ein Bevölkerungswachstum von 1 % die Angebotsmieten um 1 % anhebt. Dass der Effekt ähnlich hoch ausfällt wie bei Eigentumspreisen, obwohl Zugewanderte mehrheitlich mieten, erklären sie mit der stärkeren Regulierung des Mietmarkts, die Preisanpassungen dämpft.
Die verschiedenen Studien zeigen, dass die Demografie einen bedeutenden Einfluss auf Preise und Mieten von Wohnobjekten ausübt. Es gibt jedoch Faktoren, deren Einfluss noch grösser ist: Für Wohneigentum sind Hypothekarzinsen, Wirtschaftswachstum und Inflation wichtiger; im Mietsegment dominieren Referenzzinssatz, Inflation und Leerwohnungsziffer. Migration beeinflusst also die Preisbildung, ist jedoch in einen breiteren wirtschaftlichen Kontext eingebettet.
Wüest Partner verfügt über umfangreiche Datenbestände, die in die hier präsentierten Analysen einfliessen, und ist für die Berechnung der Daten und deren Darstellung verantwortlich. Ausserdem wurden für diesen Artikel die folgenden Datenquellen verwendet:
Bundesamt für Statistik (BFS), Staatsekretariat für Migration (SEM)
Helfer, F., Grossmann, V., Osikominu, A. (2023). How does immigration affect housing costs in Switzerland? Swiss Journal of Economics and Statistics, 159(5).
Dubois, C., Weinert, R. (2024). Mietpreisentwicklungen: Auf der Suche nach den fundamentalen Erklärungsfaktoren. Swiss Real Estate Journal, (29), Schulthess Verlag.